Evily Hollow. Im Hauptdorf Neudüstersteins fand heute Nachmittag eine öffentliche Hexenverbrennung auf dem Marktplatz statt. Nach einem mehrtägigen hitzigen Prozeß kam das Gericht zu dem Schluß, die Angeklagte sei der Hexerei schuldig. Kurz zuvor hatte der Bürgermeister für seine Gemeinde Hexengesetze erlassen, welche Hexerei unter Strafe stellen. Insgesamt wirkte die Gerichtsverhandlung sehr turbulent. Immer wieder forderten die Dorfbewohner die sofortige Verbrennung und die Justiz hatte alle Hände voll zu tun, die Menge zu bruhigen und den Hexenprozeß in einen förmlichen Rahmen zu stellen.

Uneinigkeit herrschte zunächst darüber, wie denn festzustellen sei, ob es sich bei der Beklagten tatsächlich um eine Hexe handle. Als Grundlage der Beweisführung wurde das Standardwerk „Der Hexenhammer“ herangezogen, allerdings mit Abstrichen. Der darin niedergeschriebene Vorschlag einer Tauchprobe, bei der die Angeklagte gefesselt ins Wasser geworfen würde und bei Ertrinken unschuldig, bei Überleben jedoch schuldig sei, wurde von der Bürgerversammlung als mittelalterlicher Aberglaube abgelehnt. Hingegen einigte man sich auf die Wiegeprobe. Bei der Wiegeprobe wird das Gewicht der Angeklagten geschätzt und dann auf einer Waage festgestellt. Überschreitet das Schätzgewicht den tatsächlichen Wert, gilt die Schuld als erwiesen. Laut Hexenhammer können Hexen fliegen und auf dem Wasser wie Holz schwimmen. Folglich müßten sie leichter als normale Menschen sein müssten. Das geringere Gewicht kommt nach Ansicht des Hexenhammers daher, dass die Hexe ihre Seele an den Teufel verloren hätte.
Die tobende Bürgermenge schätzte das Gewicht der Angeklagten auf 160 Kilo, während die Waage 80 Kilo anzeigte. Diese Schätzung lehnte das Gericht jedoch ab und lud den Bürgermeister als Fachmann vor. Der schätzte die Angeklagte auf 120 Kilo. Als ein stadtbekannter Landarzt gegen die Methoden der Hexenfeststellung Einspruch erhob, wurde er vom angetrunkenen Bürgermeister mit einer Bierflasche niedergeschlagen und flüchtete aus dem Gerichtssaal. Einen weiteren Wendepunkt erfuhr die Verhandlung, als die ansässige Vorsitzende eines elektrischen Hexenzirkels aussagte, daß nach einem alten Gesetz jede Hexe einen Abschluß in Meteorologie und ingenieurswissenschaften haben müsse. Die Angeklagte könne keine solche Qualifikation vorweisen und sei daher auch keine Hexe. Ein weiterer Zeuge sagte jedoch as, dieses Gesetz gelte allein für Wetterhexen und sei für den Fall irrelevant.
Nach Abschluß der Beweisaufnahme kam das Gericht zum Ergebnis: „Da wir uns nicht einig werden, schlussfolgert das Gericht: Die Hexe hat uns alle mit einem Zauber belegt, der verhindert, dass wir eine Entscheidung fällen.“ und verurteilte sie zum Tod auf dem Scheiterhaufen.

Die eigentliche Verbrennung am nächsten Tag vollzog sich hingegen relativ unspektakulär und gesittet. Ein Arzt stellte nach der Verbrennung anhand der Asche den Tod und die todesursache fest. Er kam dabei zu dem überraschenden Ergebnis, daß es sich bei der Delinquentin eigentlich um einen Man gehandelt hatte, der die gesamte Zeit über gefesselt und geknebelt in einem Hexenkostüm eingenäht war. Das erklärte auch rückwirkend Schweigsamkeit der Frau, bzw. des Mannes. Als justizirrtum will man Seitens Justizia diese Hinrichtung indes nicht sehen, da sie trotz allem ihre abschrecken Wirkung beim Volk erzielt hat.

Die Regierung zeigte sich beunruhigt über die Umtriebe und schickte einen Gesandten zum Vatikan, um sich von der Inquisition zum Umgang mit Hexenproblematik beraten zu lassen.

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