Naugard/Freihafen – Von unserer Redaktion in Freihafen

Ein internes Schreiben aus futunischen Regierungskreisen, das offenbar im Zuge laufender Beobachtungen der politischen Lage im Asurik-Raum an die Öffentlichkeit gelangte, beleuchtet eine bislang unbekannte Schärfe im Verhältnis zwischen der Freien Irkanischen Republik und der Futunischen Hegemonie.

In futunischen Kreisen heißt es, die jüngste Entwicklung werde als Gelegenheit betrachtet, Irkaniens Eigenständigkeit offen zu adressieren. Eine „innere Entscheidung“ sei bereits gefallen, da das Großwesirat bei außenpolitischen Schritten an die Zustimmung der Reiche gebunden ist – und weder Lehim, Hatha noch Deret einer weiteren gemeinsamen Aktion zugestimmt hätten. Die Entscheidung sei, so das Umfeld, im vollen Bewusstsein getroffen worden, dass sie als Signal verstanden wird: als Demonstration gegenüber imperialistischen Bündnissen, möglichen Aufständischen, Zedarien und den muslimischen Gemeinschaften insgesamt. Eine solche Wunde, heißt es, halte Zedarien schwach und zugleich in fortgesetztem Gegensatz zur Hegemonie – aufmerksam, wachsam und berechenbar. Weitere Begründungen blieben intern.

Auf irkanischer Seite wird eine weitere Zusammenarbeit mit Futuna inzwischen kategorisch ausgeschlossen. Diplomatische Quellen sprechen von einem „Vertrauensbruch“, der nach dem mutmaßlichen Einsatz futunischer Chemikalien gegen Zivilisten in Zedarien nicht mehr zu heilen sei. Der Begriff „Rogue State“, so heißt es, werde in Irkanien nicht im deutsch/westlichen Sinn von „Schurkenstaat“ verstanden, sondern wörtlich als Bezeichnung für einen Akteur ohne Selbstdisziplin und politische Verlässlichkeit. Futuna zeige, nach irkanischer Einschätzung, weniger Bosheit als Schwankung, eine Form der Unberechenbarkeit, die man typischerweise mit demokratischen Systemen verbinde. Wiederholte Versuche, aktuelle Vorgänge durch Rückgriffe auf ältere Konflikte zu rechtfertigen, gelten in Irkanien als typisch futunische Eigenart, „eine Art Beziehungslogik“, wie ein Regierungsberater formulierte, „für Diplomatie jedoch untauglich“.

Besonders brisant ist der Hinweis, dass in Futuna offenbar kaum zwischen Innen- und Außenpolitik unterschieden werde. Sollte das Völkerrecht dort tatsächlich keine Geltung haben, so Irkanien, müsse man das hinnehmen, man werde sich künftig jedoch auf das Gewohnheitsrecht berufen, das seit Jahrhunderten das Miteinander zivilisierter Staaten regele.

Während Irkanien intern bereits Mittel und Strukturen des Asha-Pakts neu verteilt, bleibt ein formaler Austritt aus dem Bündnis bislang aus. Ein solcher Schritt, heißt es aus Kreisen des Zentralkommandos, sei „nur noch Formsache“.

Futuna reagierte unterdessen mit einer internen Stellungnahme. Darin wird die Hegemonie als „Ausdruck einer Zivilisation“ beschrieben, bestehend aus mehreren Reichen und autonomen Gebieten. Der Großwesir sei demokratisch legitimiert; Demokratie und Geschichte seien feste Bestandteile der futunischen Identität. Zugleich wies Futuna den Vorwurf zurück, sich auf Mythen zu stützen, man erkenne zwar die irkanische Ordnung an, halte sie aber für unvereinbar mit dem eigenen Weg zur Stabilität.

Irkanien wiederum veröffentlichte kurz darauf eine Klarstellung, die kaum weniger scharf ausfiel. In der Erklärung heißt es, Futuna betreibe „rhetorische Verschleierung“, um staatliche Verantwortung zu vermeiden. Die futunische Behauptung, keine Staatlichkeit zu besitzen, sondern lediglich den „Ausdruck einer Zivilisation“ darzustellen, wird in Irkanien als semantischer Kunstgriff gewertet: Wer Grenzen zieht, Streitkräfte unterhält und Hoheitsrechte ausübt, sei de facto Staat – unabhängig davon, ob er sich als Reich, Hegemonie oder Zivilisation bezeichne. Aus irkanischer Sicht soll diese Wortwahl vor allem dazu dienen, politische Entscheidungen von rechtlichen Pflichten zu trennen. Die Republik wirft Futuna vor, sich durch diese Begriffstrennung aus der Verantwortung für Handlungen ihrer Reiche und Teilgebiete zu lösen, ohne die faktische Kontrolle aufzugeben.

Demokratie sei „ein Mittel, kein Wert“, Irkanien habe sich für Klarheit und Disziplin entschieden, nicht für „die Trägheit der Mehrheiten“. Die Republik unter Marschall Alrun Amalbalde verstehe Ordnung als Schutz und Führung als Pflicht.

Besonders deutlich wird die Schlusspassage:
„Neutralität ist kein Wort, sondern ein Verhalten. Und wer chemische Kampfstoffe einsetzt, soll das Wort nicht in den Mund nehmen.“

Selbst wenn viele Details der Auseinandersetzung noch unbestätigt sind, deutet alles darauf hin, dass der Ton zwischen Irkanien und Futuna härter wird, und der Asurik-Raum in eine Phase strategischer Unruhe eintritt, in der bisherige Machtlinien zu verschwimmen beginnen.

Analyse
Beobachter in Naugard sehen Irkanien zunehmend isoliert. Mit dem schwindenden Asha-Pakt verliert die Republik einen ihrer letzten funktionalen Bündnisrahmen, während frühere Partner Abstand halten. In dieser Lage richtet sich der Blick offenbar nach Westen, auf alte, teils vergessene Kontakte. Hinter den Kulissen sollen Gespräche zwischen Vertretern Auroras und Irkaniens bereits angelaufen sein, flankiert von vorsichtigen diplomatischen Kontakten nach Andro. Ziel, so wird vermutet, sei eine Neuordnung wirtschaftlicher und sicherheitspolitischer Beziehungen jenseits der futunischen Einflusszone. Ob diese Öffnung Bestand hat, hängt davon ab, ob Irkanien bereit ist, aus der Defensive heraus wieder ein verlässlicher Akteur zu werden.

Schreibe einen Kommentar