Von unserer Auslandskorrespondentin
Werthen/Greifenburg – Im Kaiserreich Dreibürgen sorgt ein merkwürdiger Vorgang für Stirnrunzeln und Besorgnis gleichermaßen. Reichsmarschall und König von Werthen, Seine Majestät Karl-Ludwig I., hat nach Informationen aus Offizierskreisen seit Wochen an keiner militärischen Lehrveranstaltung mehr teilgenommen. Hinter vorgehaltener Hand berichten Kadetten, der 22-Jährige sei „weder in Übungen noch im theoretischen Unterricht“ erschienen.
Dabei sieht die Reichsverfassung vor, dass der König von Werthen kraft seines Amtes zugleich die Funktion des Reichsmarschalls innehat – nominell oberster Befehlshaber und damit Symbol der militärischen Stärke des Reiches. Dass ausgerechnet er in seiner eigenen Ausbildung nicht vorankommt, wird von Beobachtern als alarmierendes Zeichen gewertet.
„Das Kaiserreich inszeniert sich nach außen als monolithische Militärmacht“, sagt ein westlicher Diplomat uns gegenüber. „Wenn aber der Reichsmarschall persönlich nicht einmal in der Lage ist, grundlegende Offizierspflichten wahrzunehmen, deutet das auf tieferliegende Schwächen hin.“
Im Ausland mehren sich Fragen nach der Verlässlichkeit der selbsternannten Ordnungsmacht. Kommentatoren in Barnstorvia und Anturien spekulieren, ob es sich hierbei um „erste Risse in der Fassade“ einer Nation handelt, die sich bislang als uneinnehmbar inszenierte. Auf Adrastea wiederum debattiert man hinter verschlossenen Türen bereits, wie man mit der „wankenden Atommacht“ umgehen solle: Vorsicht walten lassen oder den Moment der Schwäche für diplomatischen Druck nutzen?
Im Inneren des Kaiserreiches schweigen Regierung und Generalstab bislang zu den Vorwürfen. Offiziell heißt es, der junge König befinde sich „auf Inspektionsreise“ in der Provinz. Doch unter den Offiziersanwärtern wächst die Unsicherheit: „Man erwartet von uns Disziplin bis ins Detail“, berichtet ein Kadett anonym, „aber unser oberster Befehlshaber erscheint nicht einmal im Hörsaal.“
Währenddessen zeigt sich Kaiser Friedrich Wilhelm nach außen betont gelassen. Beobachter weisen jedoch darauf hin, dass die Legitimität des Reichsmarschalls als Symbolfigur ernsthaft Schaden nehmen könnte, sollte sich der Eindruck der Untätigkeit verfestigen.
Die internationale Gemeinschaft blickt daher mit wachsender Nervosität nach Dreibürgen. Was als bloße Abwesenheit eines jungen Monarchen begann, könnte sich zu einem Prüfstein für die Stabilität des gesamten Reiches entwickeln.