Kultur & Ausland – Online-Ausgabe, 18. August 2025
Als Bild wurde der Autor des Reiseberichts, Sivert Holmqvist, gewählt.
Port-Céleste — Irkanien ist ein Land, das viele Bilder zugleich hervorruft: eiserne Ordnung und spontane Offenheit, monumentale Architektur und kleine Gesten der Nähe. Der nugensiler Autor und Vielreisende Sivert Holmqvist hat sich eine Woche lang auf die Straßen, Ebenen und Inseln der Inselrepublik begeben. Seine Beobachtungen, begleitet von eindrucksvollen Bildern, zeigen ein Land, das sich einer einfachen Schublade entzieht.
Irkania Stadd: Disziplin mit leisen Zwischentönen
Schon die Ankunft in der Hauptstadt wirkt wie ein Ritual. Wer landet, erhält die obligatorische ASIN-Karte – Identitätsdokument und Schlüssel zum Alltag. Überall Kameras, überall Uniformen, doch Holmqvist beschreibt keine bedrückte Atmosphäre. „Die Menschen bewegen sich wie Zahnräder in einer gut geölten Maschine – und doch bleibt Platz für kleine, leise Momente“, notiert er nach einem ersten Spaziergang durch Teestuben und Regierungsviertel.
Genepohl: Neon, Militär und Modefreiheit
Im westlichen Genepohl trifft der Reisende auf das andere Gesicht des Landes: Leuchtreklamen globaler Konzerne, dampfende Straßenküchen – und Offiziere, die in Sommerkleidern und Militärstiefeln Vinylplatten verkaufen. Was andernorts eine Provokation wäre, ist hier Normalität. „Jeder zieht an, was er will – und es ist niemandes Thema“, resümiert Holmqvist.
Frisa, Eula, Braadhafen: Arbeit, Bindung, Natur
Auf den Feldern der Frisa-Ebene erlebt er bäuerliche Strukturen, die trotz Hitze und alter Maschinen funktionieren. Auf Eula begleiten ihn Teepflückerinnen durch eine Zeremonie, in der persönliche Identitäten beiläufiger Teil des Gesprächs sind. In Braadhafen wiederum trifft er vier Menschen, die als Lebensgemeinschaft Haus, Arbeit und Verantwortung teilen – vom Staat anerkannt, ohne große Worte.
Maltretonia und Dunharg: Erinnerung und Disziplin
Maltretonia, Industriestadt mit Arbeitertradition, trägt die Spuren alter Kämpfe noch an den Mauern. Gewerkschaften gedenken hier ihrer Gefallenen in Ritualen aus Feuer, Brot und Trommelschlägen. Dunharg im Norden, ehemals Teil des vannischen Staates Pelaic, wirkt zunächst friedlicher. Doch die Erzählungen älterer Einwohner erinnern daran, dass Freiheit in Irkanien nicht aus Debatten, sondern aus „Entscheidungen von oben“ geboren wurde.
Ein Fazit ohne Etikett
Holmqvists Bericht endet ohne eindeutige Bilanz. Er beschreibt ein Land, das „Freiheit verordnet wie eine Straßenverkehrsordnung“ – und sie dennoch sichtbar leben lässt. Für Beobachter aus Staaten wie Montferrand oder Nugensil, wo Freiheit stets Gegenstand von Streit und Abstimmungen bleibt, ist das ein faszinierender, aber auch befremdlicher Kontrast.